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Carls Happichs Buch „Anleitung zur Meditation“ (2013)

Darmstadt 01.11.2013 | Die »Anleitung zur Meditation« von Carl Happich (liegt seit 2013 in vierter Auflage vor) entstand hauptsächlich aus seinem ordensfreimaurerischen Umfeld. Freimaurerei war vor und zu Carl Happichs Zeiten (1878-1947) als eine von wenigen viele Bereiche übergreifenden Brückeninstitutionen in der bürgerlichen, deutschen Gesellschaft als solche stark verankert. Er war der erste Logenmeister der Johannis-Freimaurerloge „Zum flammenden Schwert“ von 1921 bis 1930. Die Freimaurerei hat heute ihre Funktion als Brückeninstitution verloren. Der Zweite Weltkrieg (1939-1945) hat nachhaltig in Deutschland dafür gesorgt.

Eine Methode der Freimaurerei ist die Kontemplation aber auch die innere Versenkung im Freimaurertempel, deshalb werden rituelle Versammlungen Tempelarbeiten genannt. Es kann gut sein, dass sich zu Zeiten von Carl Happich die Freimaurerei stark von ihrem mystischen und esoterischen aber auch meditativen Erbe entfernt hatte und schon im Begriff war, ihre Funktion als Brückeninstitution zu verlieren. Zum einen wurde die »Kabbala«, die im Freimaurerorden den roten Faden der Ordenslehre ausmacht, durch den stärker werdenden Antisemitismus geächtet und zum anderen verlor die »Alchemie«, die von ihren Anhängern noch vor der Freimaurerei Königliche Kunst genannt wurde, ihre vermittelnde Vorrangstellung zwischen der Natur und der industriellen Ausbeutung. Die Alchemie zählt u. a. ebenfalls zur Lehre des Freimaurer-Ordens. Alle diese zusammenwirkenden Kräfte verloren sich. Ein Lösungsansatz für Carl Happich könnte dabei die Hinwendung von der Kontemplation zur Meditation gewesen sein.

Carl Happich versteht die Grundbedeutung der Meditation als »Gang in die Mitte«. In die Mitte gehen, bedeutet für ihn, dass sich-Bewusstsein des Verstandes (Ratio) zu verlassen und den Gang ins seelische Zentrum anzutreten, geführt durch das Gewissen (Emotio). Dabei wird sofort klar, dass es sich hier um eine Beschreibung einer bestimmten Handlung, die während der ersten sechs Grade des Freimaurer-Ordens in den Tempelarbeiten immer wieder vollführt wird. In der Mitte des Tempels befindet sich eine Arbeitstafel bzw. ein Arbeitsteppich. Im Freimaurer-Orden besitzt jeder Grad eine eigene Arbeitstafel und ab dem III. Grad werden sie sogar dreidimensional.

»Für Freimaurer sind die Arbeitstafeln der jeweiligen Grade eine Art Schlüssel. Die Symbole auf der Arbeitstafel sind einerseits ein Schlüssel für den entsprechenden Grad und andererseits ein Schlüssel zum Verständnis des eigenen freimaurerischen und profanen Lebens. Insbesondere treffen diese Aussagen bei der Arbeitstafel des I. Grades im Freimaurer-Orden zu. In der Arbeitstafel des I. Grades ist die gesamte Ordenslehre enthalten.« (vgl. G. Grippo »Der Baum des Lebens und die Menora im Freimaurer-Orden« 2008.)

Die Brüder werden vom Vorsitzenden Meister aufgefordert die Arbeitstafel zu decken, d.h. sich in die Mitte des Tempels zu begeben, sich um sie herum zu versammeln und sie dadurch zu ver-decken. Der Aspirant wird auf symbolische Reisen durch den Tempel geführt; keine der Reisen macht er alleine. Die Sicht auf die Arbeitstafel wird ihm genommen. Dies ändert sich erst im VI. Grad, im Grad des Andreas-Meisters, dort enden alle Reisen und er wird zum Teil, der um die Arbeitstafel gescharrten Brüder.

Während im Tempel der Gang in die Mitte fassbar (Ratio) nachgestellt wird, um dem Freimaurer eine Art Initialzündung für den seelischen Gang in die Mitte (Emotio) zu geben, so soll der meditative Weg ins seelische Zentrum das Bewusstsein verändern. Der Bereich des rationalen Denkens sei laut Carl Happich eine Errungenschaft neuerer Zeit, die sich am stärksten in der Zeit der Aufklärung herauskristallisiert hat.

»Ihm zugrunde liege eine archaische Schicht des Bewusstseins, die Happich »Bildbewußtein« nennt. Unter »Bildern« versteht er sinnenhaft anschauliche, überwiegend visuelle Phantasien und Erinnerungen. Das Bildbewusstsein fungiert bei ihm als Zwischenschicht zwischen dem Unbewussten bzw. dem in dessen Tiefe verborgenen bildlosen Seelengrund und dem Denkbewusstsein. […] Beim gesunden Menschen finde ein dauernder Ausgleich zwischen Denk- und Bildbewusstsein statt.« (vgl. Paragrana; Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie; Band 22; 2013; Heft 2; Hg. Almut-Barbara Renger und Christoph Wulf; Akademie Verlag. S. 59.)

Der natürliche Ausgleich zwischen beiden Bewusstseinsarten ist laut ihm verloren gegangen und müsse durch Meditation wieder erlernt und antrainiert werden. Ein Teil davon vermag das freimaurerische Ritual mit auf den Weg zu geben aber einiges bleibt auf der Strecke; geschuldet dem starren Rahmen eines Rituals.

»Deshalb wurde durch […] Rituale versucht, eins mit der Schöpfung zu werden. Rituale haben immer schon auf den Menschen eine ursprüngliche, paradiesische und reharmonisierende Wirkung gehabt. Mit dem Hilfsmittel des Rituals vermag sich der Mensch, auf eine nicht rationale Weise, dem Göttlichen zu nähern.« (vgl. G. Grippo »Das Buch der Wächter – Der Henochische Orden« 2011, S. 402.)

Carl Happich geht einen Schritt weiter und ergänzt das freimaurerische Ritual und bedient sich dabei der Meditation über verschiedene Arten von Kreuzen als Hilfsmittel; so wie sich die Freimaurerei der Rituale als Überträger ihrer moralischen Grundvorstellungen bedient.